Donebach. Gute, ja sogar
geniale Texte und Gedichte über das ganz normale Leben mit all seinen
kleinen und großen Dramen schreiben, ist eine Sache. Diese dann auch
vortragen zu können - das ist ein ganz anderes Talent. Um es mal
vorsichtig auszudrücken: Harald Hurst, der bekannte badische
Mundartdichter aus Ettlingen ist ganz eindeutig der bessere Schreiber.
Nach
Donebach war er auf Einladung des Landfrauenvereins Mudau gekommen.
Dessen Vorsitzende Gisela Scheuermann hatte ihn bei einer Lesung in
Walldürn gesehen und sich eine Wiederholung anlässlich des zwanzigjährigen
Jubiläums des Landfrauenvereins im letzten Jahr gewünscht.
Nun hat es geklappt und man glaubt Hurst, dass er gern nach Mudau
gekommen ist. Schließlich kennt er sich aus im Odenwald. Der studierte
Lehrer, der sich sofort nach dem Referendariat "zur beiderseitigen
Erleichterung" vom Schuldienst verabschiedet und sich dem Schreiben
zugewandt hat, wurde 1945 in Buchen geboren, um wenig später mit seiner
Mutter nach Karlsruhe zurückzukehren. Und nach Tauberbischofsheim
"poussiert" hat er auch in jungen Jahren.
Der sympathische Schriftsteller plaudert viel aus seinem Leben, hat
kein festes Programm, sondern wählt mehr oder weniger spontan aus
seinen mittlerweile elf Büchern aus. Dabei geht er auch auf Wünsche
des Publikums ein. Die, die ihn und seine Geschichten und Gedichte schon
kennen und lieben - wobei das eine beinahe zwangsläufig auf das andere
folgt - sind eindeutig im Vorteil. Denn Hurst nuschelt. Und das in
bisweilen atemberaubender Geschwindigkeit. Dass er einzelne Sätze wohl
zwecks besserer Verständlichkeit wiederholt, macht die Sache nur
bedingt besser. Mit anderen Worten: Die Gäste müssen ungeheuer
aufpassen, um ihn zu verstehen. Was anstrengend ist. Und unendlich
schade, weil Hurst so zumindest denjenigen im Publikum, die ihn nicht
kennen, nicht wirklich rüberbringen kann, wie genial seine Texte sind.
Weil er nämlich ganz, ganz viele Pointen einfach verschenkt.
Wiederholten Bitten, doch langsamer zu sprechen, verspricht er
nachzukommen. Wirklich besser wird es nicht - leider. Und so sah man am
Ende durchaus begeisterte Gesichter der Fans, die ihn so und nicht
anders kennen, aber auch etwas irritiert blickende Leute, denen sich
nicht erschlossen hat, wie viel Menschenfreundlichkeit, Herzenswärme,
Humor, Beobachtungsgabe und auch Weisheit in Hurst stecken muss, damit
er so schreiben kann, wie er es tut.
Genialer Sonntagmorgen
In genialer Weise beschreibt er den ersten Sonntagmorgen bei schönem
Frühlingswetter, bei dem man "an'd Luft gehen" müsste, wozu
keiner Lust hat, freilich ohne es je zuzugeben. Oder die Standpauke an
den halbwüchsigen "Herrn Sohn". Oder die ewig gleichen Sätze
von Besitzern aggressiver Hunde: "Im Grund isch der Rambo völlig
harmlos." Oder das Verhalten, wenn ungebetener Besuch klingelt
("Die Ruth legt sich flach uff de Bode und schnauft ganz leis").
Jeder fühlt sich erinnert, fast schon ertappt, und erlebt nun, dass es
doch überall das Gleiche ist. Dass Hurst viele Texte in Karlsruher
Mundart schreibt und alle im Dialekt vorträgt, ist ein Muss. Nur so,
ist der Autor überzeugt, kann man die vielen Nuancen im menschlichen
Miteinander ausdrücken: "Bei ,I könnt grad uff de Sau devoreite'
weiß jeder, was grad passiert. Bei ,Ich bekomme eine Wut' nett
unbedingt." Einen "kurzweilige Obend mit e bißle Freud",
keinen Event, aber "e eventle" hat Hurst versprochen. Das ist
mit den genannten Einschränkungen gelungen, nicht zuletzt durch die
sehr gute musikalische Begleitung durch Fabian Scheuermann, Tobias und
Alexander Groß, die mit ihrem Gesang und ihrem Gitarrenspiel von
Eigenkreationen überzeugt haben. sis
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